Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee die wenigen Auschwitz-Überlebenden. Dieser Jahrestag ist seit 1996 der bundesweit gesetzlich verankerte Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus. 2005 haben ihn die Vereinten Nationen zusätzlich zum internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust erklärt.

Heute vor 76 Jahren wurde das Ausmaß der Gräuel offen sichtbar, als Mitglieder der Roten Armee im Konzentrationslager Auschwitz ankamen und die wenigen Überlebenden befreiten. Sie sahen die Vernichtungsmaschinerie, sahen die Leichenberge und hörten aus erster Hand von den Überlebenden, welche Gräueltaten an den gefangenen Männern, Frauen und Kindern begangen worden waren. Für die Soldaten war das Ausmaß sicherlich ein Schock, für die Überlebenden das Ende eines zum sicher geglaubten Tod führenden Leidensweges.

Christiane Friedrich

Christiane Friedrich erinnert sich an den bedrückenden Besuch der HuGH in Auschwitz.

Im Jahr 2010 ist die Humanistische Gemeinschaft mit einer sehr altersgemischten Gruppe für eine Woche nach Breslau gereist. Eine der Tagesfahrten führte auch nach Auschwitz. Ich kann mich noch gut an die Momente erinnern, als wir durch die Baracken geführt wurden, durch das Museum, in dem in den unterschiedlichen Räumen, Koffer, Schuhe, Brillen, und schließlich Haare in Bergen lagen. Ich kann mich erinnern, wie die Jugendlichen reagiert haben, als für sie begreiflich wurde, was damals vor mehr als 70 Jahren geschehen war. Ich erinnere mich an einen 17 Jahre alten Jungen, der weinend nicht mehr weitergehen wollte, weil er sich nun vorstellen konnte, wie die Menschen umgebracht wurden. Die schiere Weite des Geländes, die Baracken, die scheinbar bis zum Horizont reichten, der perfide Mechanismus, der an den Tag drang, entsetzte alle Anwesenden, besonders aber die Jugendlichen. Ja, es ist etwas anderes, es „nur“ im Geschichtsunterricht zu hören oder zu lesen. So hatten auch Jugendliche dieser Reise im Vorfeld gesagt: „Ach, immer wieder das Gleiche mit der NS Zeit, haben wir schon hunderttausendmal gehört. Irgendwann muss es doch auch einmal gut sein.” Doch nach dem Besuch dort in Auschwitz gab es ganz andere Stimmen. „Das müsste jeder mal sehen!“ „Ich denke, es ist wichtig, dass erinnert wird an diese Gräueltaten!“ „Niemals darf es so etwas wieder geben!“

Ich bin mir sicher, die direkte Konfrontation mit den Auswirkungen des NS-Regimes dort in Auschwitz hat bei vielen der jungen Leute einen Sinneswandel bewirkt.

Ja, es ist wichtig, dass wir uns an die vielen Opfer von Auschwitz und anderen Konzentrations- und  Gefangenenlagern erinnern. Es ist wichtig: Zum einen, um diese Opfer nicht zu vergessen. Menschen, die von Menschen wegen einer Ideologie grausam umgebracht wurden. Zum anderen als Mahnmal für jeden Einzelnen. Wir alle, jeder von uns, ist dafür verantwortlich für Minderheiten einzustehen. Rassismus und Diskriminierung beginnt im Kleinen, beginnt da, wo die Mitschülerin wegen ihrer Herkunft gehänselt wird und niemand einschreitet, beginnt da, wo dunkelhäutige Sportler auf dem Spielfeld ob ihrer Hautfarbe angepöbelt werden, beginnt aber auch da, wo Witze auf Kosten von Personen, die einfach nur anders sind als der Mainstream, gemacht werden. Nur wenige Beispiele und doch geschieht dies oder ähnliches jeden Tag – überall in Deutschland, in Europa, in der Welt.

Der heutige Gedenktag soll uns auch mahnen, einzuschreiten gegen Rassismus und Diskriminierungen im Alltag. Er erinnert uns, dass wir alle gefragt sind, andere zu achten und jedem die Würde zu lassen.

Im Duden stehen zwei Bedeutungen für Gedenken:

  1. Das Erinnern an jemanden oder an eine bestimmte Situation
  2. beabsichtigen, vorhaben etwas zu tun

Ich gedenke zu handeln.

Christiane Friedrich
Landessprecherin

Auschwitz

HuGH | Humanistische Gemeinschaft Hessen